Dem Himmel so nah...

von Gipfelkreuzen und Gipfelsprüchen

Titel:

Dem Himmel so nah ... - von Gipfelkreuzen und Gipfelsprüchen

Autor:

Claudia Matthis

Autor:

Berenkamp-Verlag, Innsbruck 2002
Umfang: 160 Seiten, illustriert 24 x 15 cm, gebunden

Sprache:

deutsch

Preis:

ca. EUR 18,50

Für wen:

Für alle, die fasziniert sind von der Gipfelkreuz- und Gipfelbuch- "Kultur" oder Anregungen für ihre nächste Gipfelbucheintragung suchen..

Unser Urteil:

Wo:

online bei AMAZON

Rezension:

Als Bergsteiger in den Bayerischen und Tiroler Alpen betrachtet man die Kreuze, die auf den allermeisten Gipfeln zu finden sind, in der Regel als Selbstverständlichkeit. Ihr Fehlen verwundert schon einmal, aber Gedanken über ihren Sinn und Zweck geschweige denn über ihr Entstehung machen sich wohl die wenigsten. Der Eintrag ins Gipfelbuch, gehört dazu, mancher lässt sich auch heute dabei noch zu poetischen Ergüssen hinreißen, in der Regel bleibt es jedoch bei Name und Wohnort - eine schlichte Dokumentation des eigenen Erfolges.

Dieses aufwendig gemachte Büchlein stellt die Selbstverständlichkeit der Gipfelkreuze in Frage, indem es versucht, die Hintergründe dieser Tradition - die ja keineswegs für die Berge der Welt, ja nicht einmal für die gesamten Alpen zutrifft - zu beleuchten. Nach einer kurzen, etwas überspannten, mystifizierten Betrachtung über Sinn und Wesen der Berge, beschäftigt sich der ausführliche erste Teil mit der Bedeutung der Kreuzaufstellung in den Bergen: Von den Flurkreuzen, die immer höher wanderten, über die Wetterkreuze, die Almen und Vieh vor Unwetter schützen sollten, wird der Bogen gespannt zu den Gipfelkreuzen. Dem ursprünglich religiösen Motiv gesellen sich im Lauf der Zeit andere Gründe dazu: Stolz auf die vollbrachte Leistung, Demonstration von Heldentum, aber auch gerade zu Anfangszeiten des Alpinismus der Versuch, sich vor Gott zu rechtfertigen und ihn wegen des Vordringens in bisher unangetastete Höhen milde zu stimmen. Diese Geschichte der Gipfelkreuze ist interessant und bringt dem Leser einige neue, teils überraschende, teils eigentlich naheliegende Erkenntnisse.

Die Bedeutung des spezifisch christlichen kulturellen Hintergrundes wird deutlich. Recht ausführlich geht die Autorin auf die sich wandelnde religiöse Bedeutung der Gipfelkreuze ein. Diese Betrachtungen sind teilweise etwas undifferenziert und wenig eindeutig. Die religiöse Dimension wird stark in den Vordergrund geschoben, andere Motive unterschwellig verurteilt, obwohl sie im Laufe der Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen haben dürften. Den groben Abriss sich wandelnder Gottesbilder hätte man sich in diesem Zusammenhang auch sparen können; der Versuch, Religionsgeschichte zu interpretieren sprengt den Rahmen und wirkt unangemessen.

Kurz beschäftigt sich der erste Teil dann noch mit der Tradition der Gipfelbücher, die anfangs hauptsächlich Tourenbeschreibungen enthielten. Der Weiterentwicklung dieses Brauchs ist dann der zweite, größere Teil des Buches gewidmet., der - unkommentiert - eine bunte Sammlung von Sprüchen, Gedichten, Weisheiten und anderen Einträgen aus einem Jahrhundert enthält. Der Schwerpunkt liegt dabei bei Eintragungen aus der Nachkriegszeit, in der die meisten Gipfelbücher gefüllt wurden. Hier findet sich viel Lustiges, auch Einiges zum Nachdenken und so manche Kuriosität. Ein Büchlein zum Blättern und Schmökern für alle, die Volks- und Alltagskultur etwas abgewinnen können und die konzentrierte Sammlung von Originellem den Einzelentdeckungen der Originale vorziehen. Hervorheben muss man noch die vielen schönen Bilder von Gipfelkreuzen, die manch bekannten Gipfel in neuem Licht erscheinen lassen.

(Sabine Kohwagner)

 

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